„Ich möchte auf eigenen Beinen stehen und selber alles lernen.“

Menschen mit Behinderungen auf Wohnungssuche

Foto: LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven Der Traum von der eigenen Wohnung: Für Olaf Voss, Beschäftigter in der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen der LEBENSHILFE, ist er leider noch nicht wahr geworden.

Foto: LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven Im Großen Platz 17 gibt es ein gelungenes Bauprojekt. Dort wohnen mehrere Klient:innen der LEBENSHILFE in ihren eigenen vier Wänden und doch unter einem Dach zusammen.

So kurz vor Weihnachten ist Olaf Voss‘ größter Wunsch leider immer noch nicht wahr geworden. Seit mehr als zwei Jahren ist er bereits auf der Suche nach einer eigenen kleinen Wohnung im Großraum Bremervörde. Dies bedeutet ihm viel in Bezug auf Selbstbestimmung, Teilhabe und Eigenständigkeit: „Ich möchte auf eigenen Beinen stehen und selber alles lernen. Ich möchte meine eigenen vier Wände haben, meine Ruhe haben, wenn ich das brauche, und nicht mehr Badezimmer und Küche teilen müssen“, erklärt der 56-Jährige. „Ich schaue regelmäßig die Anzeigen durch, in der Zeitung und im Internet. Ich halte meine Augen offen, ob irgendwo gebaut wird und frage gleich nach.“ Bisher hat er jedoch keine passende Wohnung gefunden. Doch er will auch weiterhin fleißig weitersuchen.

Schritt für Schritt immer eigenständiger

Denn Olaf Voss hat schon einen langen Weg hinter sich: Er ist ein Mensch mit Behinderung und arbeitet in der Holzabteilung des Vördewerks, der Werkstatt der LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven (WfbM). Im Jahr 2000 zog er bei seinen Eltern aus und in eines der Wohnhäuser der LEBENSHILFE. In dieser besonderen Wohnform werden die Bewohner:innen, abgesehen von den Werkstatt- bzw. Arbeitszeiten, von LEBENSHILFE-Mitarbeitenden begleitet. Mit dem Ziel, immer weiter zu kommen, trainierte Olaf Voss mit dem Wohnhaus-Team beispielsweise die alltägliche Lebensführung wie kochen, einkaufen und putzen.

Seine Mühen wurden belohnt und nach sechs Jahren zog er in eine der Außenwohngruppen (AWG). Hier leben fünf bis sieben Bewohner:innen mit geringerem Betreuungsbedarf in einer Wohnung oder einem Mietshaus zusammen und werden überwiegend in den Nachmittags- und Abendstunden begleitet. Nun möchte der Bremervörder schon länger den nächsten Schritt wagen und seine eigene Wohnung mieten. Doch weil dies nicht klappt, fühle er sich ausgebremst, berichtet er. Entweder seien die Wohnungen bereits vergeben, zu teuer oder in einem schlechten Zustand.

Herausforderungen bei der Wohnungssuche

„Für Menschen mit Behinderungen gibt es zumeist zwei zusätzliche Herausforderungen zu dem ohnehin schon raren bezahlbaren Wohnraum“, weiß Gitta Wulf, die stellvertretende Leitung des Wohnverbundes der LEBENSHILFE. „Zum einen muss sich die Wohnung im Rahmen der Vorgaben der Sozialhilfe bewegen, was ihre Größe und den Mietpreis betrifft, und zum anderen haben Vermieter:innen häufig Berührungsängste mit Menschen mit Behinderungen und machen sich Sorgen, dass es zu Problemen kommt oder die Miete nicht überwiesen wird.“

Doch hier kann die erfahrene Leitungskraft beruhigen: „Viele Menschen mit Behinderungen haben eine gesetzliche Betreuungsperson, die diese Punkte sicherstellt. Und Klient:innen der LEBENSHILFE, die alleine wohnen, haben über die Mitarbeitenden des Ambulant Betreuten Wohnens (ABW) immer eine Ansprechperson.“ Diese kommen, je nach Bedarf, regelmäßig zu den Klient:innen und trainieren mit ihnen, gehen mit ihnen einkaufen, schauen, ob alles sauber ist, ob es Sorgen und Probleme gibt und ob beispielsweise die Hausordnung eingehalten wird. „Unser Ziel ist: So viel Unterstützung wie nötig und so wenig wie möglich“, fasst Gitta Wulf zusammen.

Ein gelungenes Beispiel

Ein besonders gelungenes Projekt in den Augen des Wohnverbundes ist das Gebäude im Großen Platz 17, das der Investor Bernd Tomforde realisiert hat. In diesem Haus sind zum einen das Büro vom ABW und Gemeinschaftsräume für Aktivitäten untergebracht. Zum anderen haben dort mehrere Klient:innen der LEBENSHILFE ihre eigene Appartement-Wohnung gemietet. „Alle haben ihre eigenen vier Wände und können die Tür zu machen, wenn sie das möchten, aber bekannte Gesichter sind Nachbar:innen und man kann dort klingeln, wenn man Gesellschaft braucht“, erklärt Gitta Wulf die Vorteile.

Auch Bernd Tomforde ist sehr zufrieden: „Die erste positive Erfahrung habe ich schon beim Richtfest gemacht: Die bereits feststehenden Mieterinnen und Mieter waren eingeladen. Wir haben den Rohbau besichtigt und noch nie habe ich Menschen erlebt, die so begeistert waren, sich dermaßen auf ihr neues Zuhause gefreut haben und das auch so zeigen konnten. Es gibt zwar für jede Wohnung einen separaten Mietvertrag, trotzdem fühlt es sich in weiten Teilen an, als wäre die LEBENSHILFE der Mieter. Die meisten Sorgen oder Probleme im Haus werden von der LEBENSHILFE geregelt, das fällt nach meiner Erfahrung sonst oft der vermietenden Person zu.“ In ein solches Haus würde Olaf Voss natürlich auch gerne einziehen. Doch auch wenn kein ähnliches Projekt realisiert werden sollte, den Traum von der eigenen Wohnung gibt er nicht auf.

 

Der Wohnverbund der LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven bietet verschiedene Wohnformen und -möglichkeiten für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen (Wohnhäuser, Außenwohngruppen (AWG) und das Ambulant Betreute Wohnen (ABW)). Ziel ist es, jeder Person einen Wohnraum zu bieten, der den individuellen Bedürfnissen und Wünschen entspricht. Das Team des Wohnverbundes unterstützt die Klient:innen auch bei der Suche nach einem geeigneten Wohnplatz. Damit jede Person die für sie richtige Wohnform findet, gibt es eine persönliche Wohnberatung, in der über die individuellen Kompetenzen und den Betreuungsbedarf gesprochen wird. Wer im nördlichen Landkreis Rotenburg (Wümme) geeigneten Wohnraum hat und an einer Vermietung an Menschen mit Behinderungen interessiert ist, meldet sich bitte beim Wohnverbund per E-Mail: wohnverbund@lebenshilfe-bremervoerde.de.

Ansprechpartner:innen für Presseanfragen

Annika Rossow

Medienkommunikation

Postanschrift:
Lebenshilfe Bremervörde/Zeven gGmbH
Industriestraße 2
27432 Bremervörde

 

Telefon: 04761 9948-986

medien@lebenshilfe-bremervoerde.de

„Im Sinne einer besseren Lesbarkeit der Texte wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern auf dieser Website die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe beinhalten keinesfalls eine Benachteiligung der anderen Geschlechter oder eine Wertung. Alle Geschlechter mögen sich von den Inhalten gleichermaßen angesprochen fühlen.“