„Sexuelle Selbstbestimmung und sexualisierte Gewalt sind Themen über die, nach meiner Erfahrung, viele Menschen noch immer nicht sprechen möchten oder können. Ich hoffe, dass wir einige dazu ermutigen, offener damit umzugehen“, betont Jenny Richter. Sie ist Beschäftigte im Vördewerk, der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen der LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven, sowie Frauen-Beauftragte. In der Zeit vom 04. bis zum 30. Juni 2025 bildet sie eines der „Tandems“, die jeweils aus Beschäftigten und Fachkräften aus der Werkstatt bestehen und durch die Ausstellung „ECHT MEIN RECHT!“ führen.
Für diesen Zeitraum hat die LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven die Wander-Ausstellung über Selbstbestimmung, Sexualität und Schutz vor sexualisierter Gewalt für Menschen mit Lernschwierigkeiten ins Foyer ihres Gebäudes Auf dem Quabben 10 in Zeven geholt. „Wir erhoffen uns durch die Ausstellung, dass diese Thematiken weiter in den Fokus rücken und zu einer bewussten und offenen Auseinandersetzung motivieren“, bekräftigt auch Malte Holsten, Einrichtungsleitung des Personenzentrierten Dienstes der LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven, der das Organisations-Team anführt.
Selbstbestimmung und Prävention für Menschen mit Behinderungen
Wie wichtig dieser Themen-Komplex ist, belegt unter anderem die Untersuchung „Gewalt und Gewaltschutz in Einrichtungen der Behindertenhilfe“. Sie wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) beauftragt und im Juni 2024 veröffentlicht. Dafür wurden Erwachsene befragt, die in stationären und ambulanten Betreuungssettings leben. Die Studie verweist auf eine hohe Gewaltbetroffenheit (psychischer, körperlicher oder sexueller Art) von Menschen mit Behinderungen. Es ist zugleich Herausforderung und Auftrag für die Eingliederungshilfe, diese Situation nachhaltig zu verbessern. „‘ECHT MEIN RECHT!‘ will Vereine, Einrichtungen und Dienste bei diesem Vorhaben unterstützen und so zur Prävention von sexualisierter Gewalt beitragen“, heißt es in der Info-Mappe zur Ausstellung.
Sie wurde über drei Jahre hinweg vom PETZE-Institut für Gewaltprävention gemeinnützige GmbH mit Unterstützung von Expert:innen mit und ohne Behinderungen entwickelt, erprobt und realisiert. „ECHT MEIN RECHT!“ gliedert sich in sechs Stationen: Rechte und Selbstbestimmung, Gefühle, Liebe und Partnerschaft, Alltag (Freizeit, Wohnen, Arbeit), Körper und Sexualität sowie Beratung und Hilfe. Die Ausstellung ist interaktiv – alle Texte sind in einfacher bis leichter Sprache verfasst und können mit einem Hörstick vorgelesen werden lassen. Sie richtet sich an Menschen mit Behinderungen ab 16 Jahren, Fachkräfte und andere Personen, die Menschen mit Behinderungen belgeiten, Angehörige sowie alle Interessierten.
Viel Engagement und wenige freie Zeitfenster
„Ich bin schon sehr gespannt – es ist eine ganz neue Erfahrung für mich. Ich freue mich, selber etwas zu lernen und andere aktiv dabei zu unterstützen, sich mit dem Thema zu beschäftigen“, blickt Jenny Richter etwas aufgeregt, aber mit großer Vorfreude auf ihre Aufgabe. Am 03. Juni 2025 werden sie und alle anderen Mitwirkenden in einem halbtägigen Workshop von PETZE geschult, sodass sie anschließend die Rundgänge durch die Ausstellung übernehmen können. Diese finden vom 04. bis zum 30. Juni montags bis freitags zwischen 8:00 und 16:00 Uhr für Gruppen bis 10 Personen statt – das Mindestalter beträgt 16 Jahre.
Die Gruppen müssen sich zuvor telefonisch unter 04761 9948-0 oder per E-Mail unter petze@lhbz.de anmelden. Die Einteilung der Termine übernimmt Nency Pfeifer. Sie ist Werkstatt-Beschäftigte in einer der Montage-Gruppen und Teil des Organisations-Teams um Malte Holsten. „Durch die hohe Nachfrage merken wir bereits jetzt, dass eine große Bereitschaft besteht, dem Thema zu begegnen“, berichtet er zufrieden. Wenige Termine am Nachmittag sind noch verfügbar. Zusätzlich gibt es einen offenen Termin am Samstag, 14. Juni 2025, an dem auch Einzelpersonen ohne vorherige Anmeldung die Ausstellung zwischen 8:00 und 14:00 Uhr besuchen können. Führungen finden an diesem Tag nicht statt, aber es stehen Ansprechpersonen für Fragen bereit.