Der Hannah-Arendt-Platz direkt vor dem Niedersächsischen Landtag in Hannover war bunt, laut und beeindruckend voll. Denn dort demonstrierten kürzlich mehr als 1.200 Menschen aus den verschiedenen Teilen Niedersachsens gemeinsam für die Zukunft der Tagesbildungsstätten. Unter anderem versammelten sich dort (ehemalige) Schüler:innen von Tagesbildungsstätten, Eltern sowie weitere Angehörige, Mitarbeitende und zahlreiche weitere Unterstützer:innen. Sie alle waren dem gemeinsamen Aufruf „Tagesbildungsstätten weiterentwickeln. Bildung stärken – Zukunft sichern. JETZT!“ der Lebenshilfe Niedersachsen, des Paritätischen Niedersachsen, der Caritas in Niedersachsen, der Diakonie in Niedersachsen, der AWO Landesarbeitsgemeinschaft Niedersachsen und des DRK-Landesverbands Niedersachsen gefolgt.
Geschlossene Unterstützung für die Helga-Leinung-Schule
Die LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven mit ihrer staatlich anerkannten Tagesbildungsstätte Helga-Leinung-Schule (HLS) war mit rund 250 Personen in die Landeshauptstadt gereist. Sybille Hische, Fabian Krüger und Jens Klintworth, drei Elternvertreter:innen der HLS, beteiligten sich zudem mit eindringlichen, ganz persönlichen Rede-Beiträgen auf der Bühne. „Wir sind dankbar für die breite, geschlossene Unterstützung und begeistert davon, wie fest alle zusammenstehen. Gemeinsam sind wir stark“, war HLS-Leitung Sylvia Mehrkens-Bartsch sichtlich bewegt. „Die Demonstration ist ein starkes Signal von und für die Tagesbildungsstätten. Wir zeigen damit: Die Landespolitik kommt nicht an uns vorbei!“ So formulierte es Volker Wahlers, Geschäftsführer der LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven, umringt von Menschen, Ballons und bunt gestalteten Plakaten vor Ort zufrieden.
Starkes Signal an die Landespolitik
Auf der Bühne sprachen zudem Erwin Drefs, Landesvorsitzender der Lebenshilfe Niedersachsen, Kerstin Tack, Vorsitzende des Paritätischen Niedersachsen, und Johannes Buß, Direktor des Caritas-Verbandes für die Diözese Osnabrück für Caritas in Niedersachsen. Sie formulierten abermals deutlich und klar die gemeinsamen Forderungen. Diese lassen sich in drei Punkten zusammenfassen: 1. Zukunftsperspektive für die Kinder, Jugendlichen und ihre Familien; 2. gesicherte Finanzierung und 3. Anerkennung des Personals.
Dass die Demonstrierenden Gehör fanden, zeigte sich auch daran, dass Kultusministerin Julia Willie Hamburg selbst auf die Bühne trat. Dort versprach sie unter anderem: „Wir schauen […], dass wir auch eine Lösung finden, dass alles Personal an den Schulen bleiben kann, wo es ist, und da ihren Job weitermachen kann, wie bisher!“ Die drei Mitglieder des Landtags, Christian Fühner (CDU), Lena Nzume (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) und Kirsikka Lansmann (SPD), äußerten sich ebenfalls und trugen jeweils die bildungspolitische Perspektive ihrer Fraktion auf die Debatte vor.
Das starke Signal der Demonstration hat somit auf landespolitischer Ebene Bewegung in die Diskussion um den Weiterentwicklungsprozess gebracht. „Der Ministerpräsident, das Kultusministerium, die Landkreise und der Niedersächsische Landkreistag haben zur Kenntnis genommen, dass die Tagesbildungsstätten bei der Klärung dieses Prozesses sehr wichtig sind“, konstatierte Volker Wahlers. „Die weiteren Entwicklungen gilt es jetzt aber erst einmal abzuwarten.“
Zum Hintergrund: Rund 3.000 Schüler:innen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung absolvieren ihre Schulpflicht an Tagesbildungsstätten in Niedersachsen. Diese erfüllen einen Bildungsauftrag gemäß dem Niedersächsischen Schulgesetz, gelten rechtlich jedoch nicht als Schulen. Derzeit werden Tagesbildungsstätten ausschließlich über die Eingliederungshilfe finanziert, was laut Gerichtsurteilen rechtswidrig ist. Die Landkreise und kreisfreien Städte als Kostenträger fordern eine rechtssichere Lösung vom Land – andernfalls droht ab Sommer 2027 der Rückzug aus der Finanzierung. Doch eine rechtssichere und verlässliche Perspektive fehlt bislang.





