5 Fragen an... Marlies Gresens

"Ich hatte schon großes Glück!" – Nach fast 42 Jahren sagt Marlies Gresens der LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven Lebewohl

Foto: LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven Nach mehr als vier Jahrzehnten bei der LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven wurde Marlies Gresens (Mitte) von Dagmar Dreyer und Helge Richter (Vorstand; links) sowie Marlies Schröder und Volker Wahlers (Geschäftsführung; rechts) in den Ruhestand verabschiedet. Günther Gresens (Mitte), der viele Jahre als Klassenleiter in der HLS tätig war, wurde ebenfalls verabschiedet.

Foto: LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven

Mehr als vierzig Jahre ist Marlies Gresens ein entscheidender Teil der LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven gewesen. Nun war es jedoch an der Zeit, Abschied zu nehmen, denn die Leiterin der staatlich anerkannten Tagesbildungsstätte Helga-Leinung-Schule (HLS) geht in den Ruhestand. Nachdem sie 1975 bereits ihr einjähriges Vorpraktikum bei der LEBENSHILFE absolviert hatte, stieg die gelernte Heilerzieherin im Oktober 1978 hier als Klassenleitung ein – und damit vor fast 42 Jahren. Dem Kindergarten- und Schulbereich ist sie bis heute treu geblieben: Auf die Klassenleitung folgten die stellvertretende und ab 2003 die Leitung der Heilpädagogischen Kita und der Tagesbildungsstätte. Zusätzlich übernahm sie zwischen 2017 und 2019 neben Marlies Schröder die Geschäftsführung der LEBENSHILFE. Auf einer kleinen, internen Feier in Selsingen wurde Marlies Gresens vom Vorstand und von der Geschäftsführung mit den Worten verabschiedet: „Wir könnten jetzt viel erzählen, aber wir sagen einfach: danke! Du wirst uns ganz persönlich und der gesamten LEBENSHILFE fehlen." Für ihre Nachfolge ist gesorgt: Bereits seit April dieses Jahres arbeitete sie eng mit Torsten Langwich zusammen, der nun die Leitung der HLS übernimmt. Vor ihrer offiziellen Verabschiedung stand sie noch ein letztes Mal Rede und Antwort:

Warum haben Sie damals bei der LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven angefangen?

Ich bin eher zufällig durch eine Freundin zur LEBENSHILFE Bremervörde/Zeven gekommen und mein Vorpraktikum hier hat mich sehr geprägt. Mir war vorher schon klar: Ich möchte etwas mit Menschen machen. Aber dank des Vorpraktikums wusste ich, genau dieser Bereich ist richtig für mich. Die Menschen, egal ob mit oder ohne Behinderungen, standen für mich immer im Mittelpunkt und waren der Antrieb für mein Wirken. Mit der Zeit ist mir immer mehr bewusst geworden, dass Menschen mit Behinderungen nicht dieselben Chancen erhalten, und seither habe ich nach Möglichkeiten gesucht, mich für die Entwicklung einer inklusiven Gesellschaft einzusetzen.

Wie hat sich die LEBENSHILFE in den vergangenen Jahrzehnten verändert und was hat sich insgesamt im Bereich Teilhabe sowie Inklusion von Menschen mit Behinderungen getan?

Als ich 1978 als Klassenleitung bei der LEBENSHILFE angefangen habe, war alles noch sehr überschaubar: Es gab nur das eine Gebäude in der Hauptstraße 63 in Selsingen. Dort waren drei Kindergartengruppen, drei oder vier Gruppen mit schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen und eine Gruppe mit erwachsenen Beschäftigten untergebracht. Das Vördewerk in Selsingen befand sich in dieser Zeit im Bau und dann begann es langsam, dass sich das Angebot in die unterschiedlichen Bereiche Kindergarten, Schule und Arbeit aufteilte. Unser Umfeld habe ich immer als freundlich empfunden, hatte allerdings schon das Gefühl, die LEBENSHILFE und Menschen mit Behinderungen wurden gar nicht richtig wahrgenommen. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich jedoch ganz, ganz viel entwickelt. Ich kann das „nur" schwerpunktmäßig für den Bereich Kindergarten und Schule beurteilen: Hier haben Kooperationen mit anderen Einrichtungen maßgeblich dazu beigetragen, dass in unserer Gesellschaft mehr wahrgenommen wird, dass Menschen unterschiedlich sind und alle selbstverständlich dazugehören.

Worauf haben Sie bei Ihrer Arbeit großen Wert gelegt? Welche Momente bleiben Ihnen dabei besonders in Erinnerung?

Zum einen waren mir der Auf- und Ausbau der bereits erwähnten Kooperationsstandorte sehr wichtig. 2004 ist uns die erste Schulkooperation mit der Haupt- und Realschule in Selsingen gelungen. Wenn man überlegt, dass wir mittlerweile mit acht Regelschulen kooperieren und wie groß die HLS mit ihren 18 Klassen geworden ist, dann ist das einfach fantastisch. Im Kindergartenbereich sind ähnliche Tendenzen erkennbar. Hier haben wir unsere erste Kooperation im Jahr 2008 mit der Kita in Farven erreicht. Sie besteht bis jetzt und läuft richtig gut. Zum anderen lag mein Fokus auf der inhaltlichen Arbeit: Im Schulbereich wird nach dem Kerncurriculum [Lehrplan oder -programm Anm. d. Red.] für den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung unterrichtet. Schuleigene Arbeitspläne und das Schulprogramm der HLS ergänzen unseren Bildungsauftrag. Unter anderem haben wir auch dadurch eine Anerkennung geschaffen. Ein einschneidendes und prägendes Erlebnis war für mich der Moment, als die Tagesbildungsstätte ihren Schulnamen bekam: Wir erhielten vom Ministerium die Nachricht, dass ein Schulname mit dem Zusatz „staatlich anerkannte Tagesbildungsstätte" erlaubt ist – dadurch sollen Verwechslungen mit öffentlichen Förderschulen vermieden werden. Wir haben die Schülerinnen und Schüler sowie die Eltern einbezogen und letztendlich wurde dann im Jahr 2007 in unserer Turnhalle der Name „Helga-Leinung-Schule (staatlich anerkannte Tagesbildungsstätte)" offiziell verkündet. Die Einrichtung wurde nach meiner langjährigen Vorgängerin Helga Leinung benannt, die 2003 verstorben ist.

Welche Zukunftswünsche haben Sie für den Schul- und Kindergartenbereich der LEBENSHILFE sowie für Menschen mit Behinderungen?

Der Kindergartenbereich hat mit Eeske Claassen eine super Leitung bekommen und den Bereich Schule übernimmt nun Torsten Langwich. Hier wünsche ich mir für die Zukunft, dass die Tagesbildungsstätten in unserem Bildungssystem die gleiche Anerkennung finden wie Förderschulen. Tagesbildungsstätten gibt es nur noch in Niedersachsen. In anderen Bundesländern wurden sie umgewandelt in Förderschulen in privater Trägerschaft. Insgesamt hoffe ich, dass Menschen mit Behinderungen nach Ende ihrer Schulzeit größere Chancen erhalten, in den ersten Arbeitsmarkt einzusteigen. Und ich würde mich über noch mehr Kooperationen mit Unternehmen freuen, bei denen unsere Beschäftigten vor Ort arbeiten und so in direktem Kontakt mit den dortigen Teams sind.

Werden Sie die LEBENSHILFE vermissen und was haben Sie sich für den Ruhestand vorgenommen?

Ich hatte schon großes Glück und werde die Arbeit hier sicherlich vermissen! Wobei ich mein Wirken nicht nur als Arbeit angesehen habe – es hat mir auch immer unheimlich viel Spaß gemacht. Zum Beispiel in Momenten, in denen Eltern mit einem dringenden Problem angerufen haben und es für mich oft so einfach war, ihnen zu helfen. Das war für mich immer ein schönes und dankbares Gefühl. In den Ruhestand starte ich jetzt erst einmal mit einem langen Urlaub und hoffentlich finde ich wieder mehr Zeit zum Lesen.

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